
Auf der Fahrt nach Puerto Natales sehen wir Flamingos in der kalten und windigen Pampa. Wir starten zur Trekking Tour mit Peter aus Ungarn den wir im Hostal in Puerto Natales kennengelernt haben. Die Wolken hängen tief und schwarz über dem Parque National Torres del Paine. Wie immer man auch warm definiert, das Wetter hier kommt in dieser Definition sicher nicht vor. Für die geplante Wanderung spielt dieses allerdings eine grosse Rolle. Da wir einmal um die Torres wollen und der Weg ueber den Passo John Gardner fuehrt. Die letzten Tage, so hoerten wir, war der Pass geschlossen oder nur mit Guide passierbar.
Die Anmeldeprozedur lassen wir mit gefühlten 100 weiteren Personen über uns ergehen und natürlich wollen wir wissen, ob der Pass nun geöffnet ist. Die Parkranger scheinen sich da jedoch nicht einig zu sein und so bekommen wir von zwei Parkrangern zwei verschiedene Aussagen. Das schlimmste was passieren könnte, wäre das wir nach drei Tagen umdrehen müssen. So beschliessen wir zu starten zur ersten Etappe des sogenannten "O's".
1.Tag, zum Campo Serron, 16km, relativ flach, 4 Stunden
Der Weg führt zuerst durch riesige Flächen mit verkohlten Baumstämmen. Unvorsichtige Touristen haben mit ihren Kochern oder offenem Feuer grosse Brände verursacht. Hier lernt man schnell was "mucho viento" (viel Wind) bedeutet. Es regnet, die Sonne scheint, es kommen wieder Wolken, nur der Wind bleibt an diesem Tag konstant stark. Ein paar Leute kommen uns entgegen. Sie sind auf dem Rückweg vom Pass, der vor drei Tagen geschlossen war.
Das erste Camp Serron befindet sich ungeschützt vor dem Wind auf einer Wiese. Ebenso offen ist auch der Koch- und Essbereich und die Hände werden selbst mit einer warmen Tasse Tee kaum warm. Einige Leute hier scheinen nicht sehr viel vom Kochen ausserhalb ihrer eigenen Küche zu verstehen. Nachdem einer Gruppe älterer Franzosen der Gaskocher samt Topf zum dritten Mal umfällt, weil niemand aufpasst, verziehen sie sich in die Dusche zum Kochen und uns wird klar warum die Kocherbenutzung nur an wenigen Stellen in den Camps gestattet ist.
















2. Tag , Lago Dickson, 19km, 6 Stunden
Gleich am Anfang gibt es den einzigen richtigen Anstieg dieses langen Wandertages, an dem auch die Essensvorräte für die nächsten 10 Tage im Rucksack deutlich spürbar sind. Kurz vor dem Ziel öffnet sich der Blick auf das traumhaft gelegene Camp am Lago Dickson.
Man trifft sich wieder und knüpft erste Kontakte mit anderen, die gleichzeitig mit uns den Weg zum vielleicht geschlossenen Pass auf sich genommen haben. Zum Abschluss des Tages machen wir noch einen kleinen Spaziergang zum See und sehen Tornados. Tornados aus Wasser, das durch die starken patagonischen Winde in die Luft gesaugt wird.




















3. Tag, Los Perros, 9km, 4h, hoch, hoch, hoch
Die kürzeste Etappe. Es geht kontinuierlich bergauf durch schöne Wälder, über kleine Bäche und vorbei an Wasserfällen. Der Schutz der Wälder findet kurz vom dem Glacier los Perros ein Ende und der Wind bläst so stark, das man sich kaum auf den Beinen halten kann.
Wir erreichen das Camp, die letzte Station vor dem Pass, kurz nach dem Mittag und sind sehr froh über unseren frühen Aufbruch. Nachdem das Zelt steht wird der Regen stärker und auf dem nassen Waldboden bilden sich grosse Pfützen oder kleinere Seen. Je nachdem wie mans betrachtet. Andere hatten nicht so viel Glück und müssen ihre Zelte im Regen aufstellen. Nach zwei Stunden gilt es aber auch unsere Zelt aus einer der grossen Pfützen zu retten. Es bleibt die Hoffnung, dass es die Nacht und die Wassermassen übersteht und unsere Schlafsäcke trocken bleiben.
Ein weiteres mal Glück haben wir mit der Schutzhütte, in der alle ein trockenes Plätzchen finden. Wir sind an diesem Abend ca. 30 Personen die in der Hütte kochen, ihre Kleider trocknen und sich mit der Frage beschäftigen, ob der Pass geöffnet ist. Es werden Theorien aufgestellt, Vermutungen gemacht und es wird hemmungslos mit gefährlichem Halbwissen um sich geworfen. Wir versuchen Ruhe zubewahren. Die Entscheidung ob wir über den Pass können, wird der Parkranger erst am nächsten Morgen treffen.











4. Tag, Grey, 22km
Morgens um acht macht sich der Ranger auf den Weg um sich ein Bild über die Verhältnisse am Pass zu machen. Wir folgen ihm. Auf halber Strecke kommt er uns wieder entgegen und gibt uns grünes Licht. Der Pass ist offen, wir können das "O" wie geplant machen. Der Aufstieg zum Pass ist steil und es hat "mucho mucho viento". Wir dachten wir wissen was starker Wind bedeutet. Falsch!
Oben angekommen hat man den Ausblick der Tour. Der riesige Glacier Grey ist unglaublich in seiner kompletten Ausdehnung. Unbeschreiblich sind die Dimensionen des Gletschers, der unter uns in königlichem azurblau leuchtet. Das Wetter könnte nicht besser sein. Was für ein Glücksgefühl. Wir sind oben. Hier am höchsten Punkt unserers Trekkings erlebt man die Extreme der Natur noch intensiver. Es ist ein Ort der Gegensätze.
Gewaltig, so fühlt sich Freiheit an.
Abends kommen wir nach einer Doppeletappe im Camp Grey an. Wow, wieder in der Zivilisation. Ab hier sind wir auf der Vorderseite der Torres, welche deutlich mehr Touristen anzieht. Die Camps sind grösser und man muss sich beim Duschen anstellen. Wir platzieren unsere Zelte, wie alle anderen mit denen wir die letzten Tage schon unterwegs waren, am Rande des Campingplatzes und lassen den Tag mit einem Tetrapack Wein ausklingen, was sich am nächsten morgen natürlich rächt.
No bebe mucho Gato!





















5. Tag Italiano, 19km
Mittlerweile sind wir zu sechst unterwegs. Gemeinsam mit Thiago aus Brasilien, Camillo und Vincente aus Santiago de Chile und natürlich mit Peter. Eine bunte Truppe. Wir haben gelesen, dass das Campamento Italiano ein feuchtes Loch sein soll. Es bewahrheitet sich. Die Parkrangers sind jedoch "muy amable" was die Umgebung etwas erträglicher macht. Ausserdem ist das Camp kostenlos. Daher auch nur wenige Toiletten und keine Duschen. Inklusive sind hier die Mäuse die sich nachts zu Techno-Partys in den Essensreserven der Wanderer treffen.









6. Tag Chileno, 18km, 8h 20min
Der Morgen ist kalt und feucht und das Valle Francais, eine der beiden Hauptattraktionen der Vorderseite, ist Wolken verhangen. Wir beschliessen nach den grossartigen Eindrücken der Rückseite dieses Tal auszulassen und gleich weiter zu gehen.
Eine steile anstrengende Etappe beginnt. Aber auch diese wird bei bestem Wetter gemeistert. Es gibt Duschen mit warmem Wasser im Camp und wir durften gleich neben den Zelten, welche wir am Fluss aufgeschlagen hatten, kochen. So blieben uns die überfüllten Kochräume diesmal erspart. Der letzte Abend im Parque National Torres del Paine mit unseren neuen Freunden klingt langsam aus. Ohne Wein.












7. Tag Mirrador Las Torres -Chileno- Torres, 14km
Morgens um 5.30 Uhr stehen wir auf. Der Sonnenaufgang an den Torres soll atemberaubend sein. Der letzte Aufstieg der Tour zum Mirrador las Torres. Und wieder haben wir unglaubliches Glück. Ein wolkenloser Himmel bei Sonnenaufgang um 7.15 Uhr. Wir verbringen 2 Stunden mit Mousse o Chocolate (Danke Ron & Sandra!) und schwelgen in den Erinnerungen an die vergangenen 6 kalten, nassen, anstrengenden aber wundervollen Tage. Danach steigen wir wieder ab, packen unsere Zelte ein und erreichen einige Stunden später den Bus der uns wieder nach Puerto Natales bringt.









Dieses Erlebnis kann man kaum beschreiben, wenn man sich all die Eindrücke erkämpft hat, wirken sie intensiver und eindrücklicher. Wir hoffen wir konnten wenigstens ein wenig vermitteln, wie lohnenswert diese Tour für jeden Südamerikabesucher ist. Eine Wanderung die an Vielseitigkeit wahrscheinlich schwierig zu überbieten ist. Wälder, Berge, Seen, Gletscher, gute Wege, schlechte Wege, schmale Pfade, nasse Pfade, sehr nasse Pfade, sehr nasse und schlammige Pfad, wackelige Brücken, heikle Leitern, hunderte Treppen und alle vier Jahreszeiten kann man hier an nur einem Tag erleben.